Die deutsche Minderheit kämpft immer wieder darum, Deutsch als Minderheitensprache in die Schulen zurück zu bringen, und zwar drei Stunden pro Woche. Die neueste Idee, auf das Problem aufmerksam zu machen, ist eine Kampagne mit dem Titel „Gebt den Kindern die Sprache zurück“, die darauf abzielt, den mehr als 56.000 Kindern der deutschen Minderheit in Polen den gleichen Zugang zu Sprachunterricht in ihrer Muttersprache wiederherzustellen.
Rafał Bartek, der Vorsitzende des Verbandes deutscher sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen: Wir hatten mehrere Treffen mit dem Bildungsminister Przemysław Czarnek und mit anderen Vertretern des Ministeriums für Bildung und Wissenschaft. Der Bildungsminister selbst war sogar in Oppeln, wo er während der Gespräche eine schnelle Rückkehr zum Stand vor Erlass der Verordnung erklärte. Heute wissen wir bereits, dass dies leider ein leeres Versprechen war. Seit dem Treffen in Oppeln sind sechs Monate vergangen und nichts hat sich geändert. Als Gemeinschaft und als polnische Bürger sind wir entsetzt über das Verhalten der Politiker der Regierungsparteien, vor allem in unserer Region, wenn es um die Unterstützung des Sprachunterrichts für unsere Kinder geht. Es kommt die Zeit, in der jeder von uns für sich selbst und an der Wahlurne die Frage beantworten kann, ob wir durch die erneute Wahl von Politikern wie Janusz Kowalski nicht die Zukunft der Region gefährden – einer Region, die bisher u.a. für die sprachliche und kulturelle Kompetenz ihrer Bewohner bekannt war. Es kann uns nicht gleichgültig sein, was mit den Kindern geschieht. Unsere regionale Identität, unser Schlesischsein, Deutschsein und Polnischsein sind etwas, das hier eine Art Kapital schafft, um das uns andere beneiden. Heute ist es an der Zeit, gemeinsam zu sagen: Nehmt dieses Kapital nicht von unseren Kindern weg! Sprachenlernen ist keine Politik!
Ryszard Galla, der Abgeordnete der deutschen Minderheit im polnischen Sejm: Nach offiziellen Angaben des Ministeriums für Bildung und Wissenschaft, die auf einer Sitzung der Gemeinsamen Kommission der Regierung und der nationalen und ethnischen Minderheiten vorgestellt wurden, wird Deutsch als Minderheitensprache in den Grundschulen von 56 054 Kindern in ganz Polen unterrichtet, wobei die höchste Zahl in den Woiwodschaften Oppeln und Schlesien zu verzeichnen ist. Die Kürzung von Deutschstunden für Kinder ist nicht nur ein Schlag für die Kinder selbst, sondern auch ein Schlag für die lokalen Gemeinschaften, die bisher beim Aufbau der Staatsbürgerschaft in Polen am effizientesten waren – Gerade diese schlesischen Gemeinschaften konnten dank des Sprachenlernens und der Subventionen für dieses Lernen eine stabile Bildung und mehr Chancengleichheit für Kinder sowohl in Bezug auf Sprachkenntnisse als auch auf zwischenmenschliche Fähigkeiten aufbauen – durch die Teilnahme an zahlreichen Wettbewerben, Integrationsreisen und ähnlichen Initiativen.
Maria Sikora, die Lehrerin: Noch dramatischer ist die Situation an vielen Schulen, aus denen erfahrene deutsche Lehrer abwandern, die nicht in Unsicherheit leben wollen. Viele von ihnen mussten sich bereits umschulen lassen, um überhaupt weiter an der Schule unterrichten zu können. Es sind jedoch die Kinder, die am meisten darunter leiden, weil ihnen die Möglichkeit genommen wird, die Sprache, die Kultur und Elemente ihrer regionalen Identität zu lernen. Ein besseres Verständnis der Sprache des Nachbarn und der Kultur des anderen Hauses, oft des Hauses einer Freundin und eines Freundes, des Hauses einer Tante und eines Onkels, nimmt das integrierende Element für ganze Gemeinschaften weg. In den meisten Fällen erleidet die gesamte Gemeinschaft einen Verlust, für die die Sprache der eigentliche Motor der Entwicklung ist – sowohl in wirtschaftlicher als auch in kultureller Hinsicht. Da wir seit Generationen in Schlesien zusammenleben, wissen wir, wie wichtig es ist, sich in der Sprache der Menschen um uns herum zu unterhalten und einen Dialog zu führen, dies ist häufig die Annahme, die Eltern aller Kinder machen, wenn sie ihre Kinder zum Deutschlernen schicken. Wir appellieren daher erneut an die Regierung, die Zahl der Deutschstunden wiederherzustellen. Gleichzeitig appellieren wir an die Menschen in unserer Region: Geben wir nicht auf, kämpfen wir für die bestmögliche Bildung und gleiche Entwicklungschancen für unsere Kinder. Erinnern wir uns bei den nächsten Wahlen daran, wer – welche Gruppierung – sein politisches Kapital auf Kosten der Jüngsten, auf Kosten unserer Familien aufbaut und damit die Region und ihre Entwicklungschancen schwächt.
Im Rahmen der Kampagne werden im öffentlichen Raum Plakate und Banner (u.a. in Oppeln und Kandrzin-Cosel) sowie Grafiken im Internet erscheinen. Der Sozial-Kulturelle Gesellschaft der Deutschen im Oppelner Schlesien hat eine Online-Sammlung gestartet, deren Ziel es ist, weitere Werbetafeln und Banner zu finanzieren: https://zrzutka.pl/68skb3