Am 13. Juni fand eine Gedenkfeier für die Opfer des Lagers Zgoda statt. Dieses Jahr hatte die Gedenkfeier einen beschränkten Charakter.
Die Feierlichkeit hat sich mit einer Heiligen Messe in der St. Josefs Kirche in Königshütte begonnen. Dann haben wir an der Gedächtnisstätte Lagertor eine Gedenkminute für die Opfer abgehaltet. Dabei nahmen zahlreiche Delegationen und Ehrengäste, u.a. Bernard Gaida – Präsident des Verbandes der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen, Sławomir Pośpiech – Präsident der Stadt Schwientochlowitz.
Während der Gedenkfeier wurde der Brief von Gerhard Gruschka an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Gedenkfeier in Lager Zgoda vorgelesen.
Zgoda: Gedenkfeier 2020
Sehr geehrte Damen und Herren,
die augenblickliche Krisenzeit verlangt von uns allen schmerzliche Einschränkungen, und das gilt auch für unsere heutige Gedenkfeier. Aber wir begehen mit dieser Feier ein beeindruckendes Jubiläum, bei dem ein kurzer Rückblick eigentlich nicht fehlen darf. Bitte seien Sie deswegen so freundlich, den ehemaligen Häftlingen des Lagers Zgoda zusätzlich fünf Minuten für diesen Rückblick zu schenken.
Vor fünfundzwanzig Jahren, am 17. Juni 1995, wurde auf dem Kommunalfriedhof im benachbarten Ruda ein mit Unterstützung von Opferangehörigen und ehemaligen Häftlingen errichtetes schlichtes Denkmal eingeweiht. Diese Feier war zugleich das erste öffentliche Gedenken an die Toten des Lagers Zgoda.
Damals – nur fünf Jahre nach der politischen Wende – war dieses Vorhaben verständlicherweise mit einigen Ungewißheiten verbunden. Umso überraschender war die unerwartet große Zahl der festlich gekleideten Besucherinnen und Besucher, die feierliche Gestaltung der nachgeholten christlichen Begräbnisliturgie an einem ehemaligen Massengrab und die anschließende Gedenkmesse im Caritasheim von Ruda.
Damals war das Lagertor in das Gedenken noch nicht einbezogen, aber viele Teilnehmer der Feier nahmen die Gelegenheit wahr, nach deren Ende diesen Erinnerungsort aufzusuchen.
Die unerwartet große Resonanz auf die erste Gedenkfeier inspirierte ehemalige Zgodahäftlinge zu dem Versuch, das öffentliche Gedenken an die Toten ihres Lagers auch in den folgenden Jahren zu begehen, in dem dann auch das Lagertor eine Station der Erinnerung wurde.
Es würde zu weit führen, die Entwicklung dieses Gedenkens in allen Einzelheiten zu benennen. Erwähnt sei jedoch., daß sich bei der Stadtverwaltung von Schwientochlowitz für die Causa Zgoda mehr und mehr ein positives Interesse entwickelte. Als eine Folge davon wurde im Jahr 2005 das Lagertor in einer spektakulären Aktion der besseren Darstellung wegen zwanzig Meter zur Straße hin vorgeschoben und die Fläche um das Tor mit einer Pflasterung und einem Halbrund von Tujen versehen. Die drei damals schon geplanten Erinnerungstafeln mit Inschriften in polnischer, englischer und deutscher Sprache konnten allerdings erst 2009 realisiert werden. In diesem Jahr übernahm die Durchführung der Gedenkfeiern der DFK Schlesien.
Die Besucherzahl von 1995 wurde in den fünfundzwanzig Jahren seither zwar nur noch bei der Einweihung der neugestalteten Gedenkstätte im Jahr 2005 erreicht. Doch vermutlich hätte sich wohl kaum einer der Teilnehmer an der ersten Gedenkfeier bei der damaligen noch ambivalenten Situation vorstellen können, daß das Opfergedenken noch im Jahr 2020 lebendig sein und sogar einem Coronavirus trotzen würde.
Und da wir heute Jubiläum feiern, sei es gestattet, im Namen sowohl der noch lebenden als sicher auch der inzwischen verstorbenen ehemaligen Häftlinge des Lagers Zgoda ein herzlich Dank zu sagen – den vielen Besucherinnen und Besuchern der Gedenkfeiern seit 1995 für ihre Anteilnahme am Schicksal der Lageropfer und für ihre Treue über fünfundzwanzig Jahre – den Kommunal- und Landespolitikern für ihre Aufgeschlossenheit dem Thema Zgoda gegenüber – den Geistlichen beider Konfessionen für ihre spirituelle Begleitung – den Abordnungen schlesischer Vereine – und nicht zuletzt den Vertretern der deutschen Minderheit für ihr Bemühen um einen würdigen Verlauf der Feiern.
Gott behüte Sie alle.